Konzept

Konzept des Naturkindergarten Eilenriede e.V.

Vorwort

Mitten in der Großstadt Hannover existiert ein Naturkindergarten.
Das sind wir – der Naturkindergarten Eilenriede e.V.

Im Jahre 1995 hatten Eltern die Idee, einen naturnahen Kindergarten mitten in der Stadt zu gründen. Anfänglich wurde die an anderen Orten bereits erprobte Idee viel in Frage gestellt. „Jeden Tag draußen? Bei jedem Wetter? Ist das sinnvoll? Ja – ist es!“ Schon bald fanden die Eltern Mitstreiter und das Projekt wurde mit viel Enthusiasmus und Engagement umgesetzt.

Am 01.08.1996 nahm der Naturkindergarten Eilenriede den Betrieb auf.

Das folgende Konzept ist Basis unserer Arbeit, jedoch kein statisches Gebilde. Es wird regelmäßig überprüft, weiterentwickelt und den jeweiligen Bedingungen angepasst. Eines jedoch bleibt: Der Wunsch, unseren Kindern die Natur und den Wald mit all seinen Facetten zu eröffnen und sie damit zum einen sensibel im Umgang mit unserer Umwelt zu machen und zum anderen ihnen die zahlreichen Möglichkeiten zum Spielen und Lernen zu bieten.

Viel Spaß beim Lesen wünschen
die Erzieher und Eltern im Naturkindergarten Eilenriede

Auf einen Blick

  • 17 Kinder
  • im Alter von 3 bis 6 Jahren
  • Öffnungszeiten von 8.00 bis 15.30 h (Früh- und Spätdienst jeweils 15 Minuten länger)
  • Bringzeit bis 8.45 h, Abholzeit flexibel, jedoch nicht während der Abschlussrunde zwischen 15.00 und 15.15 h.
  • Vormittags im Wald, nachmittags in den Räumlichkeiten (Ausnahmen Sturmwarnung oder Gewitter sowie geplante oder spontane Ausflüge)
  • Eigene Räumlichkeiten im Freizeitheim Lister Turm, Walderseestraße 100
  • Gemeinsames (mitgebrachtes) Frühstück im Wald
  • Elterninitiative: Rechte und Pflichten
    • Eingetragener Verein ist Träger und Arbeitgeber
    • Eltern stellen den Vorstand und üben verschiedene Ämter aus
    • In personellen Notsituationen übernehmen die Eltern sogenannte „Elterndienste“
    • Teilnahme an monatlichen Elternabenden
  • Geliefertes Mittagessen
  • Vier pädagogische Mitarbeiter in Teilzeit
  • Pädagogischer Ansatz: Situationsansatz
  • Pädagogische Ziele: Selbstkompetenz, Sozialkompetenz, Sachkompetenz
  • Eingewöhnung in Anlehnung an das Berliner Modell

Warum ein Naturkindergarten?

„Das Konzept hinter den naturnahen Kindergärten basiert auf der Erkenntnis, dass sich Kinder in der Natur besser bewegen, spielen und lernen können und zudem bereits in jungen Jahren ein Bewusstsein für ökologische Zusammenhänge entwickeln. Durch den ständigen Aufenthalt an der frischen Luft sind die Kinder gesünder und widerstandsfähiger gegen Infektionskrankheiten. Auch ist die Unfallhäufigkeit in Waldkindergärten gegenüber den Hauskindergärten geringer. Die Tatsache, dass hauptsächlich Naturmaterialien zum Spielen zur Verfügung stehen, führt dazu, dass bei den Kindern Kreativität und Fantasie gefördert werden.“(mehr dazu vom Bundesverband der Natur- und Waldkindergärten unter bvnw.de)

Das Leben in der Stadt bringt Reizüberflutung, Hektik und Medialisierung mit sich. All dies lässt wenig Raum für sinnliche Erfahrungen. Dem wollen wir entgegenwirken und den Kindern die Möglichkeit geben, ihre Sinne zu erfahren, den natürlichen Lebensraum von Flora und Fauna kennenzulernen und ihre individuellen Kompetenzen zu stärken.

Wir möchten den Kindern das Recht wiedergeben, die Natur spielend zu entdecken und die unterschiedlichen Bedingungen der Jahreszeiten wahrzunehmen. Der Wald bietet Freiräume zum Toben, Rennen, Klettern und ermöglicht den Kindern verschiedene Sinneserfahrungen wie Beobachten, Riechen, Fühlen und Lauschen.

Wir möchten den Kindern diese ganzheitliche Erfahrung auch im städtischen Umfeld ermöglichen!

Die Elterninitiative Naturkindergarten Eilenriede

Der Kinderladen wurde als Elterninitiative gegründet. Seither ist der Naturkindergarten Eilenriede e.V. Träger dieser Kindertagesstätte. Mitglieder sind die Eltern der sich derzeit im Kindergarten befindenden Kinder. Sie bilden die Mitgliederversammlung und sind damit das wichtigste Organ des Vereins.

Aus den Mitgliedern wird ein Vorstand gewählt:

  • Die/der 1. Vorsitzende, der sich um alle Belange des Vereins/der Eltern kümmert,
  • die/der 1. Stellvertreter, der vor allem mit allen personellen Angelegenheiten betraut ist,
  • die/der Kassenwart, der sich um alle finanziellen Angelegenheiten kümmert.

Auch alle anderen Eltern (Mitglieder) haben Aufgaben zu erfüllen. Jede Familie übernimmt (je nach Aufwand) ein oder zwei Ämter.

Desweiteren gibt es einen Notfallplan, wenn es mal zu personellen Engpässen aufgrund von Krankheit kommt. In diesem ausgeklügelten sogenannten „Elterndienstplan“ übernehmen alle Eltern (außer dem Vorstand) bestimmte Vor- oder Nachmittage, die sie sich für spontane Einsätze im Wald oder im Kindergarten freihalten müssen.

Die Teilnahme an den monatlich stattfindenden Elternabenden, die wechselnd pädagogische oder organisatorische Schwerpunkte haben, ist ebenfalls wichtiger Bestandteil dieser Elterninitiative. Hinzu kommen die Events wie Laternenfest, Weihnachtsfeier, Abschiedsfest und weitere Aktivitäten, die nur gelingen können, wenn alle an diesem gemeinsamen Erlebnis teilnehmen.

Die gute Zusammenarbeit zwischen Eltern und Erzieher/innen ist die Basis für unsere Einrichtung. Wir haben das Ziel, eine enge, partnerschaftliche Zusammenarbeit zu führen. In dieser „Erziehungspartnerschaft“ verfolgen alle Beteiligten das Ziel, das Beste für die Entwicklung des Kindes zu ermöglichen.

Die Eltern sind Arbeitgeber und stellen die Leitung des Vereins, die pädagogischen Mitarbeiter sind angestellt und für die pädagogische Arbeit zuständig. Beides funktioniert nur mit guter Zusammenarbeit. Um diese zu ermöglichen, hat sich eine Struktur gebildet, die für Austausch, Transparenz und Vertrauen sorgt.

Wichtiger Bestandteil dieser Zusammenarbeit sind die Elternabende. Monatlich im Wechsel finden die organisatorischen und die pädagogischen Elternabende statt. Beim organisatorischen Elternabend werden anstehende Events besprochen sowie Themen wie Sicherheit, Catering oder Gebühren diskutiert.

Der pädagogische Elternabend wird von den Erzieher/innen vorbereitet und geleitet. Dieser Elternabend soll für Transparenz und Austausch sorgen. Die Themen sind breit gefächert. Es kann sich um die aktuelle Gruppensituation, anstehende Ereignisse, Themen aus der pädagogischen Arbeit und vieles mehr handeln. Die Elternschaft hat immer die Möglichkeit, Themen auf die Agenda zu setzen. Dies erfolgt mündlich, via Mail oder durch den Vorstand.

Jeden Tag gibt es die Möglichkeit für Tür- und Angelgespräche in der Bring- und Abholzeit. Dort können Informationen für den Tag oder eine kleine Reflektion des Tages direkt weitergegeben werden.

Für jedes Kind in der Einrichtung wird einmal im Jahr ein Entwicklungsgespräch zwischen Eltern und Erzieher/innen durchgeführt. Dieses Gespräch wird von den pädagogischen Mitarbeitern anhand eines Entwicklungsbogens vorbereitet und geleitet. Es sind immer zwei pädagogische Mitarbeiter/innen in diesem Gespräch anwesend. Es kann nach Bedarf weitere Gespräche geben, falls dies von den Eltern oder den pädagogischen Mitarbeiter/innen gewünscht ist.

Durch das Zusammenspiel dieser Aspekte wird eine intensive, offene Zusammenarbeit zwischen dem pädagogischen Team und den Eltern ermöglicht.

Zusammenarbeit des pädagogischen Teams

Vier pädagogische Mitarbeiter/innen arbeiten im Teilzeitkonzept zusammen und gestalten die pädagogische Arbeit. Es gibt keine Leitung, das Team arbeitet eigenverantwortlich und hierarchiefrei zusammen. Die Leitungsaufgaben sind im Team aufgeteilt. Auch dem Vorstand sind einige Leitungsaufgaben zugeteilt. Entscheidungen werden demokratisch und mit Berücksichtigung der Bedürfnisse der Teammitglieder getroffen.

Im pädagogischen Team ist ein vertrauensvoller, offener Umgang notwendig, um den Alltag und die unterschiedlichen Bedürfnisse wahrzunehmen und darauf eingehen zu können.

Zusätzlich haben wir eine Haushaltshilfe im Kindergarten. Unsere „gute Fee“ hält den Kindergarten sauber und sorgt für einen reibungslosen Ablauf beim Mittagessen. Sie ist für die Kinder ebenfalls eine wichtige Bezugsperson und kommt daher einmal in der Woche mit in den Wald, um den Kontakt zu den Kindern zu halten und zu stärken.

Um in regelmäßigem Austausch zu sein, treffen sich die Mitarbeiter/innen einmal wöchentlich zur Teamsitzung um über die pädagogische Arbeit, die Kinder, anstehende Ereignisse und Erfahrungen zu sprechen. Diese Zeit wird ebenfalls genutzt um Elternabende und -gespräche vorzubereiten, Feste zu planen und Projekte zu überlegen.

Dem Team stehen zwei Studientage im Jahr zur Verfügung um an bestimmten pädagogischen Themen zu arbeiten.

Nach Bedarf und in Absprache mit dem Vorstand kann Supervision stattfinden.

Pädagogisches Konzept

Unser Bild vom Kind

Wir gehen davon aus, dass jedes Kind ganz individuelle Potenziale und Fähigkeiten in sich hat. Wir pädagogischen Mitarbeiter/innen unterstützen und begleiten sie in ihrer persönlichen Entwicklung, indem wir den Kindern jeden Tag aufs Neue begegnen, Projekte und Angebote dem aktuellen Interesse der Kinder entsprechen lassen und die Lebensumwelt (im Kindergarten) interessant und anregend gestalten.

Die Kinder auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben zu begleiten, ist eines unserer Ziele. Die Kinder dürfen selber entscheiden mit welchen Themen sie sich auseinandersetzten wollen. Das pädagogische Team unterstützt und begleitet. Dies stärkt die Persönlichkeitsentwicklung und Selbstwirksamkeit.

Die Kinder werden in alltägliche Entscheidungen (welcher Platz, was wollen wir dort machen, welches Material brauchen wir?) mit einbezogen und haben Mitbestimmungsrecht. Diese Form der Partizipation lässt sie spüren, dass ihre Stimme zählt und sie lernen demokratische Umgangsformen.

Wir legen großen Wert auf eine vertrauensvolle Basis zwischen Kindern und Erziehern; wir pflegen einen empathievollen Umgang und nehmen die Kinder als Ganzes wahr und ernst. Durch ein stabiles Vertrauensverhältnis kann sich das Kind frei entfalten und mit Gefühlen und Wünschen umgehen lernen.

Kinder sind von Natur aus neugierig, wissbegierig und aufmerksam. Damit diese Eigenschaften nicht verloren gehen, greifen wir jegliche Impulse auf und bringen sie in den Alltag mit ein.

Wir gehen davon aus, dass die Kinder am meisten durch die Erfahrungen lernen, die sie selber machen. Wir unterstützen und begleiten die Kinder auf dem Weg, eigene Erfahrungen zu machen, diese zu reflektieren, um daraus zu lernen. Mit- und voneinander lernen ist stets unser roter Faden im Umgang mit den Kindern.

Auch Einflüsse aus der Montessori-Pädagogik prägen unser Bild vom Kind.

„Hilf mir, es selbst zu tun.“

Wir unterstützen den natürlichen Wunsch der Kinder, von sich aus selbstständig zu sein und bestärken die Kinder darin, indem sie möglichst viel selber machen können.

Die Entwicklung des Kindes im Wald

Der Wald bietet wohl den größten Bildungs- und Entwicklungsschatz für Kinder. Dieser Punkt ist uns als Pädagogen sehr wichtig und bildet die Grundlage unseres Konzeptes.

Kinder stehen am Anfang ihres Lebens. Sie wollen ihre Umwelt entdecken, sich selber und andere kennenlernen. Sie wollen ihre Neugierde ausleben und daraus lernen.

Vieles davon geschieht in Bewegung. Kinder wollen die Welt be-greifen, dazu muss sie erlaufen, erklettert, ersprungen, zerstört und wieder aufgebaut werden. So können die Kinder die Welt und sich selbst „vermessen“. Das Kennenlernen der Welt geschieht über Riechen, Tasten, Hören, Fühlen, Sehen. Lernen durch Erfahrung!

Der Wald bietet Kindern einen (fast) unbegrenzten Raum, in dem sie ihren für das Kindergartenalter entsprechenden hohen Bewegungsdrang voll ausleben können. So wird auf ganz natürliche Weise die Lust und die Freude an Bewegung erhalten bzw. gefördert.

Durch freudvolles Experimentieren mit Bewegung erreicht das Kind Selbstvertrauen und ein gefestigtes Selbstbild. Das Kind kann von sich aus entscheiden, ob es zu Neuem bereit ist und entwickelt so Willen und Ausdauer. Bewegung ist für Kinder eine Ausdrucksform ihrer Selbst. In freier Bewegung lernen sie sich kennen, erfahren ihre Körperkräfte und erkennen ihre Grenzen.

Auch Kontakte zu anderen werden über Bewegungshandlungen geknüpft. Gefühlen wird durch Bewegung Ausdruck verliehen. Natürlich trägt viel Bewegung zu einer gesunden körperlichen Entwicklung bei. Muskeln werden aufgebaut, das Herz-Kreislauf-System wird angeregt, das Immunsystem gestärkt und vielen Krankheiten und Haltungsschäden entgegengewirkt.

Der Aufenthalt im Wald ermöglicht das Einatmen frischer Luft. Gerade in der Stadt, wo ständig Abgase und andere Umweltgifte eingeatmet werden, ist ein Durchatmen im Wald unersetzlich. Frische Luft schützt unsere Lunge und unser Immunsystem.

Sehr eindrucksvoll ist das Spielen ohne standardisiertes Spielzeug. Abgesehen von einzelnen Werkzeugen, Seilen, Bällen und manchmal Schaufeln und Eimer, verzichten wir im Wald auf Spielzeug. Die Kinder spielen mit den Materialien, die sie im Wald finden. Dies unterstützt die Sprachentwicklung enorm, da die Kinder auf Kommunikation miteinander angewiesen sind. Es fördert die Selbstständigkeit, Kreativität und Phantasie der Kinder. Auch die Bewegung nimmt positiven Einfluss auf die Sprachentwicklung und logisches Denken.

Im Wald werden alle Sinne geschult, dies kann nur vor Ort und nicht durch andere erlebt werden. Kaum ein anderer Ort bietet den Kindern auch das Wahrnehmen von Stille. Bewusstes Wahrnehmen von Stille gibt die Möglichkeit, Erfahrungen der Ruhe und Ausgeglichenheit zu machen. Gerade in einer lauten Stadt ist diese Erfahrung unersetzlich.

Aufbau der Gruppe

Im Naturkindergarten Eilenriede werden 17 Kinder im Alter von 3-6 Jahren betreut. Die Kinder müssen zu Beginn des Kindergartenjahres mindestens 3 Jahre alt sein. Wir halten einen ausgewogenen Spiegel der Alters und Geschlechterverteilung.

Situationsansatz

Im Naturkindergarten Eilenriede wird grundsätzlich nach dem Situationsansatz gearbeitet.

„Im Situationsansatz werden alltägliche Situationen des Kinderlebens zu Lernsituationen, mit dem Ziel, dass Kinder sich zunehmend autonom, kompetent und solidarisch in einer Balance von Eigensinn und Gemeinsinn in ihrer Welt zurechtfinden. Eine funktionsorientierte, rein wissenschaftlich orientierte Ausrichtung wird abgelehnt. Kinder sollen in ihrem Entwicklungsprozess verstanden, angeregt und begleitet werden. Die Erzieherin plant Projekte, indem sie Themen aus dem Leben der Kinder aufgreift. Hierbei sieht sie das Kind im Kontext seiner Umwelt, unterstützt seine Neugier, Lernmotivation und Anstrengungsbereitschaft. Partizipation wird durch die Erfahrung der aktiven Mitgestaltung des Gruppenlebens vermittelt.““

  • Die pädagogische Arbeit geht von der sozialen und kulturellen Lebenssituation der Kinder und ihrer Familien aus.
  • Erzieher finden mit Hilfe der Eltern heraus, was Schlüsselsituation im Leben der Kinder sind.
  • Sie analysieren was Kinder können, was sie erfahren wollen und eröffnen Zugänge.
  • Unterstützung der Fantasie und schöpferischen Kräfte im Spiel zur Aneignung der Welt.
  • Ermöglichung des gemeinsamen Tun von jüngeren und älteren Kindern.
  • Durch aktive Mitgestaltung wird die Selbständigkeitsentwicklung unterstützt
  • Bewusste Auseinandersetzung mit Werten und Normen, Regelabsprachen mit Kindern.
  • Interkulturelle Erziehung – Befreien aus Vorurteilen.
  • Durch Räume und ihre Gestaltung werden Kinder in ihrer Eigenaktivität angeregt.
  • Erzieher/innen sind Lehrende und Lernende zugleich.
  • Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Erziehern.
  • Die Kindertagesstätte entwickelt eine enge Beziehung zum sozial-räumlichen Umfeld.
  • Die pädagogische Arbeit baut auf der Situationsanalyse und einer prozesshaften Planung auf.
  • Die Kindertagesstätte ist eine lernende Organisation.“

Zitat: https://www.kindorientiert.de/files/Gegenueberstellung_Ansaetze_in_der_Paedagogik.pdf, Ursula Kuhlmann, Mai 2012

Diese Grundsätze des Situationsansatzes fügen sich in unsere tägliche Arbeit ein und wir berücksichtigen diese als Leitfaden.

Pädagogische Ziele

Die Ziele unserer pädagogischen Arbeit sind breit gefächert und erstrecken sich über alle Kompetenzbereiche. Diese sind in drei Teile unterteilt:

  1. Selbstkompetenz
  2. Sozialkompetenz
  3. Sachkompetenz

Wir haben den Anspruch, die Kinder laufend in diesen Kompetenzen zu stärken und gehen dabei auf folgende Punkte ein:

Selbstkompetenz:

  • Selbstwahrnehmung
  • Selbstvertrauen
  • Eigene Bedürfnisse wahrnehmen und mitteilen
  • Eigene Gefühle wahrnehmen und mitteilen
  • Ausdrucksformen nutzen
  • eigenen Fähigkeiten (er-)kennen
  • Selbstbewusstsein
  • Selbstwirksamkeit
  • Frustrationstoleranz
  • Kreativität
  • Ausdauer und Konzentration
  • Selbstständigkeit
  • Grob/Feinmotorik
  • Gleichgewicht
  • Körperwahrnehmung
  • Sprache/Kommunikation
  • selbstbestimmtes Leben

Sozialkompetenz:

  • Andere und deren Bedürfnisse wahrnehmen
  • Lösungsstrategien bei Konflikten
  • Empathie
  • Umgangsformen
  • Zusammen an etwas arbeiten
  • Teilen
  • Helfen
  • Kompromissbereitschaft
  • Toleranz
  • Regeln verstehen und einhalten
  • Zuhören

Sachkompetenz:

  • Verkehrserziehung
  • Umgang mit Werkzeugen
  • Ernährung
  • Wissen über Pflanzen und Tiere
  • Verhalten in Notfallsituationen (Feuerwehr, Polizei, Notarzt)
  • Buchstaben und Zahlen
  • Mengen erfassen
  • Zusammenhänge erfassen
  • Umgang mit unterschiedlichstem Material
  • Physik
  • Hygiene
  • Umwelterziehung
  • Sprachkompetenz/-förderung

Soziales Miteinander

Unsere kleine Gruppe von 17 Kindern ist den ganzen Vormittag zusammen im Wald unterwegs. Gemeinsame Erlebnisse, die fühlbar sind, stärken das Gruppengefühl. So werden gegenseitiges Helfen, Geduld, Zuhören, voneinander Lernen und Konfliktlösungsstrategien zum Alltag.

Es gibt viele Freiräume im Wald. Wichtig sind aber auch einige gut begründete, greifbare Regeln zum Schutz des Kindes und der Umwelt. Die Wichtigkeit und Fühlbarkeit dieser Regeln gibt den Kindern Halt und Verständnis.

Der behutsame Umgang mit jeder Art von Leben wird erfahren und gelernt, was sich positiv auf den Schutz der Natur und die Umwelt auswirkt – „Was ich liebe, schütze ich!“

Regeln und Grenzen

Wir möchten in unserer Einrichtung keinen Regelwald entstehen lassen. Unser Leitfaden ist: So viele Regeln wie nötig – so viel Freiheit wie möglich.

Regeln geben Kindern Struktur und Sicherheit. Sie geben ihnen die Möglichkeit sich im Alltag zu orientieren, daher gibt es natürlich auch bei uns Regeln und Grenzen. Diese sind gemeinsam mit den Kindern erarbeitet, werden stetig neu definiert und passen sich der Gruppe an.

Einige Regeln haben jedoch Bestand und sind nicht verzichtbar. Da diese Regeln greifbar und an unseren Alltag angepasst sind, fällt es nicht schwer diese zu verstehen und sich daran zu halten.

Diese Regeln sind:

  • Ich warte an den Wegen bis alle da sind und wir gehen zusammen über den Weg!
  • Bevor ich ins Gebüsch gehen kann, muss ich einem/r Erzieher/in Bescheid sagen!
  • Ich darf den Platz nur in Absprache mit einem/r Erzieher/in verlassen!
  • Ich muss beim Schnitzen alle Schnitzmesserregeln beachten!

Regeln für den Umgang miteinander:

  • Behandele jede/n so, wie du auch behandelt werden möchtest!
  • Falls ich geärgert werde oder mich etwas ärgert und ich nicht weiter weiß, kann ich immer die Erzieher/innen um Hilfe bitten!

Eingewöhnung nach dem Berliner Modell

Wir orientieren uns an dem Berliner Eingewöhnungsmodell. Der Übergang in eine Einrichtung stellt eine große Herausforderung für die Kinder dar und wird mit Feingefühl und angepasst an die Situation behandelt. Die Beteiligung der Eltern ist ein fester Bestandteil der Eingewöhnung.

Unser Ziel ist es, dass die Kinder gerne in die Einrichtung kommen und mit Freude den Tag verbringen. Dafür ist eine Eingewöhnung ohne Druck notwendig. Eine Eingewöhnung ist kein mechanisches Rezept, sondern wird individuell an das Kind angepasst.

Wir gewöhnen 2 Kinder pro Woche ein – ab dem Start des Kindergartenjahres. In den ersten 3 Tagen der Eingewöhnung bleiben die Eltern mit im Wald. Eine Trennung findet nicht statt. So hat das Kind (und die Eltern) die Möglichkeit, den Wald, die Kinder und Mitarbeiter/innen im sicheren Rahmen kennen zu lernen. So kann eine erste vertrauensvolle Basis für das Kind und für die Eltern entstehen.

Die erste Zeit der Eingewöhnung findet ausschließlich im Wald statt. An der Treppe vor dem Kindergarten, bevor wir zum Essen gehen, verabschieden wir das Kind.

Aufgrund der kleinen Räumlichkeiten ist es nicht möglich, die einzugewöhnenden Kinder und Eltern mit zum Essen zu nehmen. Das gemeinsame Mittagessen findet erst nach der Eingewöhnung statt.

Nach den drei Tagen der Nicht-Trennung kann, nach gemeinsamer Beobachtung des Kindes, eine erste kleine Trennung von ca. 20-30 Minuten stattfinden. In dieser Zeit bleiben die Eltern in der Nähe und können sofort wiederkommen, falls dies nötig ist

Die Zeit der Trennung kann nun je nach Situation verlängert werden. Sobald das Kind im Wald eingewöhnt ist, kann es mit zum Essen in die Räumlichkeiten kommen. Uns ist es sehr wichtig, dass die Kinder einen guten Start im Kindergarten haben. Dies ist nur möglich, wenn Erzieher/innen und Eltern zusammenarbeiten.

Tages-/ Wochen-/ Jahresstruktur

Unser Tagesablauf

Der Tag startet mit einem Frühdienst um 7.45h. Die Kinder können bis 8.45 h in den Kindergarten oder auf den angrenzenden Spielplatz gebracht werden. Um 8.45h sollten sich alle Eltern von den Kindern verabschiedet haben, denn so haben die Kinder in den darauffolgenden 15 Minuten Zeit, auf dem Spielplatz und in der Gruppe anzukommen. Wir besprechen oder stimmen ab, zu welchem Platz wir wandern und machen uns mit dem Glockenschlag um 9h auf den Weg in den Wald.

Uns stehen ca. 20 Plätze in der Eilenriede zur Verfügung, die wir abwechselnd ansteuern. Manchmal gibt es auch Wandertage oder wir machen uns auf die Suche nach neuen Plätzen.

Der Weg ist das Ziel! Wir gehen gemeinsam durch den Wald und die Kinder haben schon hier die Gelegenheit zu spielen und den Wald zu entdecken. Manche Kinder laufen gerne vor, andere bleiben entspannt zurück und schauen links und rechts, jeder kann sich schon auf dem Weg frei ausleben. Die wichtigste Regel die wir haben ist, dass an den Wegen, welche unsere Route kreuzen, gewartet wird, bis alle da sind um gemeinsam weiterzugehen. Dadurch kommen wir immer zu unterschiedlichen Zeiten am ausgewählten Platz an, meist zwischen 9.30h und 10h.

Kurz darauf findet unsere Morgenrunde statt. Wir sitzen im Kreis auf den Matten und besprechen den Tag, spielen ein Spiel oder singen ein Lied. Im Anschluss wird das mitgebrachte Frühstück gegessen.

Wenn ein Kind genug gegessen hat, darf es aufstehen und das freie Spiel auf dem Platz beginnt. Wir haben manchmal Seile, Schnitzmesser oder Eimer dabei. Der Rest entsteht aus dem Wald. In dieser Zeit finden ggf. Projekte oder Angebote statt.

Zwischen 12h und 13h machen wir uns auf den Rückweg zum Lister Turm. Auf der Treppe treffen wir uns, um den Waldtag abzuschließen und uns auf die Räumlichkeiten einzustellen.

Wenn alle ausgezogen sind und sich die Hände gewaschen haben, machen wir eine Mittagsrunde, in der wir meist etwas vorlesen. Dann geht es zum Essen.

Wir bekommen das Essen von einem Caterer geliefert. Die Kinder dürfen sich das Essen selber auftun und entscheiden selbst, ob sie das Essen zu sich nehmen möchten. Es gibt keinen Probierzwang! Aber natürlich motivieren wir, alles zu testen, ob es schmeckt. Falls einem Kind das Essen gar nicht zusagt, bieten wir Brot als Alternative an.

Die Ernährung spielt im Kindergarten eine große Rolle, daher bekommen wir jeden Tag Essen von einem zertifizierten Bio Caterer aus der näheren Umgebung. Zusätzlich bekommen wir einmal die Woche Obst und Gemüse von einem nahe gelegenen Biosupermarkt. Diese Obstkiste wird von den Eltern abgeholt und zu uns in den Kindergarten gebracht.

Nach dem Essen beginnt die zweite Freispielzeit, diesmal in den Räumlichkeiten im Lister Turm. Projekte und Angebote finden ggf. in dieser Zeit statt.

Von 15h bis 15.15h findet unsere Abschlussrunde statt. In dieser gibt es meist einen Nachmittagssnack. Wir wünschen uns, dass in der Zeit von 15h bis 15.15h niemand abgeholt wird, damit wir gemeinsam den Tag beenden können.

Ab 15.15h ist Abholzeit und Raum für Tür- und Angelgespräche.

Ab 15.30h bis 15.45h ist Spätdienst. Um 15.45h schließt der Kindergarten.

Unsere Wochenstruktur

In der warmen Jahreszeit (ca. April bis Oktober) haben wir einmal wöchentlich den Fahrzeugtag. An diesem Tag kommen die Kinder mit einem Fahrzeug in den Kindergarten. Dies ermöglicht uns auch weiter entfernte Plätze anzusteuern, Verkehrserziehung mit einzubinden und die Motorik der Kinder zu fördern.

Am Werkzeugtag, ebenfalls in der warmen Jahreszeit, nehmen wir Werkzeuge wie Hammer, Nägel, Schleifpapier und ähnliches mit in den Wald. Die Kinder können, frei oder angeleitet, das Werkzeug ausprobieren und den richtigen Umgang damit lernen.

Jeden Tag haben wir Schnitzmesser dabei. Im Frühling kann der Schnitzmesserführerschein gemacht werden (ab 4 Jahren). Dabei lernen sie den richtigen Umgang mit dem Messer und müssen eine mündliche und praktische Prüfung bestehen. Jedes Kind kann, sobald es den Führerschein hat, sein eigenes Schnitzmesser mit in den Wald bringen.

Kinder ohne Führerschein dürfen nur in Begleitung eines Teammitgliedes schnitzen.

Einmal die Woche ist Spielzeugtag. An diesem Tag dürfen die Kinder ein Spielzeug von zu Hause mitbringen.

Es wird wöchentlich gebacken, gekocht oder eine Kleinigkeit zu Essen hergestellt. Dies fördert die lebenspraktischen Fähigkeiten. Auch Einkaufen gehört mit dazu.

Regelmäßige Ausflüge und Projekte werden situationsbedingt in die Wochenstruktur eingeflochten.

Unsere Jahresstruktur

Das Kindergartenjahr beginnt mit der Eingewöhnung der neuen Kindergartenkinder. In dieser Zeit werden die Kinder langsam an das Kindergartenleben herangeführt.

Schon bald darauf folgt das Laternenfest und die Weihnachtszeit. Beide Feste werden gefeiert.

In den Wintermonaten nach Weihnachten versuchen wir mit den Kindern 1-2x Schwimmen zu gehen.

Im Januar startet die Vorschule. An dieser nehmen alle Kinder teil, die im Sommer in die Schule kommen. Die Vorschule findet einmal wöchentlich statt in einem extra angemieteten Raum im Lister Turm. Die Kinder werden in dieser Zeit auf die Schule vorbereitet – kognitiv, sozial/emotional sowie auch in lebenspraktischen Dingen (z.B. Einkaufen, Verkehrserziehung) .

Das Faschingsfest wird gefeiert.

Einmal im Jahr führen wir das Projekt „Faustlos“ durch. Dabei handelt es sich um ein Curriculum zur Förderung des sozialen Miteinanders. Zwei Mitarbeiter/innen haben dazu eine Fortbildung gemacht. Dieses Projekt findet für ca. 3 Monate einmal wöchentlich statt.

Im Frühling geht es an den Schnitzmesserführerschein. Alle Kinder ab 4 Jahren, die ein Jahr Schnitzmessererfahrung haben, dürfen nun für die Prüfung üben. Diese setzt sich aus einem mündlichen und praktischen Teil zusammen. Dabei wird geprüft, ob sie den Umgang mit dem Schnitzmesser verinnerlicht haben. Bei Bestehen der Prüfung dürfen die Kinder ihr eigenes Messer mit in den Kindergarten bringen und ohne Begleitung eines/r Mitarbeiters/in schnitzen.

Meist im Juni findet unsere Schwimmbadwoche statt. In dieser gehen wir 5 Tage mit den Kindern ins Freibad (Lister Bad).

Darauf folgt, meist im Juli, die Waldübernachtung. Wir übernachten eine Nacht mit den Kindern im Wald. Dafür leihen wir uns eine Jurte aus und bauen diese auf einem Platz im Wald auf. Mit Nachtwanderung und Lagerfeuer ist dies eines der aufregendsten Veranstaltungen im ganzen Jahr.

Am Ende des Kindergartenjahres feiern wir den Abschied von den Schulkindern. Dies ist ein großes Fest mit Kindern, Eltern und Mitarbeiter/innen.

Raumgestaltung

Die Raumgestaltung im Inneren des Kindergartens wird zusammen mit den Kindern unternommen. Es wird für aktuelle Anlässe gebastelt und dekoriert, aber auch „normale“ Kunstwerke der Kinder werden, wenn sie es möchten, aufgehängt.

Räume und deren Gestaltung regen das aktive und kreative Tun der Kinder an. Durch unterschiedliche Varianten der Raumnutzung ermöglichen wir den Kindern vielfältige, wechselnde Aktivitäten und Lernerfahrungen. Dies bedeutet auch, dass alle Räume von den Kindern nach Absprache mit den pädagogischen Fachkräften verändert und genutzt werden können.

Der Spielraum setzt sich aus mehreren Funktionsbereichen zusammen. Hier findet man einen Baubereich, in dem mit Duplo, Kappla-Steinen und anderen Bausteinen gespielt werden kann. Es gibt einen Verkleidungsbereich und den Rollenspielbereich unter der Hochebene mit einer Spiel-Küche und den dazugehörigen Utensilien. Oben auf der Hochebene, die mit Polsterelementen ausgestattet ist, können Höhlen gebaut und Rollenspiele gespielt werden. Doch die Grenzen in diesem Raum sind fließend. Werden Materialien in einem anderen Bereich gebraucht, werden sie in diesen mitgenommen. Der einzige Bereich, der davon ausgeschlossen ist, ist die Hochebene.

Im Essensraum essen wir unser Mittagessen. Nach dem Mittagessen ist dieser Raum auch zum Spielen da. Hier werden künstlerische Angebote durchgeführt, aber auch „freies“, eigenbestimmtes Malen und Basteln ermöglicht. Durch viele Materialien wie Pappen, Schnüre und Bänder stehen viele Gestaltungsmöglichkeiten offen. Ein großes Sofa bietet die Möglichkeit zum Ausruhen, für ein kleines Schläfchen oder eine gemütliche Geschichte. Ein großes Regal mit Brettspielen und Puzzles steht den Kindern hier zur freien Verfügung.

Stand: November 2019